Auf die Plätze! Fertig! Inklusion!

Foto: Chris Weiss

Kurz vor dem Start des sechsten Laufs des Tages zur Mittagszeit geht ein gehöriger Schneeschauer auf die versammelten Läufer vor der Residenz nieder. Hier und da frösteln die Menschen, laufen Nasen und werden Unterstände gesucht. Besonders unglücklich ist darüber keiner.

Überall blickt man in fröhliche Gesichter voller Vorfreude auf das Rennen. Menschen mit und ohne Rollstuhl, mit und ohne Sehvermögen, mit und ohne körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen, Deutsche und Ausländer, Männer und Frauen – sie alle teilen die Freude auf den anstehenden Lauf. „No Limits“ hat sich diese Veranstaltung auf die Fahnen geschrieben, und tatsächlich treten über eine Distanz von 2,5 Kilometer die meisten Unterschiede in den Hintergrund.

Eine Gruppe von zehn syrischen Flüchtlingen geht an den Start, neben ihnen etwa 40 Vertreter der Lebenshilfe Würzburg. Pünktlich zum Beginn kommt die Sonne raus, die Rollstuhlfahrer starten eine Minute vor dem Rest des Feldes.

„Mir ist es wichtig, dass wirklich alle Menschen an dieser tollen Veranstaltung teilnehmen können“, sagt Annette Wolz, eine der treibenden Kräfte hinter dem „No Limits“-Lauf, während sie zwei Männer im Gehtempo über die Strecke führt. „Ich habe viel Energie und möchte die Welt einfach immer verbessern“, ergänzt die kleine, sehr sportliche Frau und wirkt mit ihrem Engagement fast schon ansteckend.

Auffällige blaue T-Shirts

Inzwischen überholen uns die ersten Jugendlichen aus dem Rennen, das nach uns gestartet wurde. Hier und da fallen ein paar blaue T-Shirts mit der Aufschrift „Annettes Kinderturnen e.V.“ auf, die zum „No Limits“-Lauf gehören. „Durchhalten, einfach nur durchhalten“, machen sich die Amateursportler selbst und ihrer Begleitung Mut. Deren sportliches Niveau unterscheidet sich stark, aber niemand interessiert sich dafür.

„Uns geht es nicht um die Zeit, uns geht es um den Gemeinschaftsaspekt und diese tolle Atmosphäre“, sagt beispielsweise Wolfgang Trosbach, Vorsitzender der Würzburger Lebenshilfe. Ich unterhalte mich derweil weiter mit Annette Wolz im Gehtempo, die auch von Antonella Caprini begleitet wird. Die gebürtige Italienerin ist vor allem in der Arbeit mit Flüchtlingen aktiv und hat die Teilnahme der Syrer aus einer dezentralen Unterkunft aus Eibelstadt organisiert. „Es ist ein erster Schritt zur Integration, um unter die Leute zu kommen. Genau das wollen sie ja auch“, sagt Issam Soukieh, ehemaliger syrischer Flüchtling, der vor allem als Übersetzer aushilft.

So langsam kommt das Ziel des Rundkurses direkt vor der Residenz in Sicht. Menschen jubeln, Fotografen machen Bilder. Tatsächlich bekomme ich, der erstmals an einer solchen Veranstaltung teilnimmt, das Gefühl, das Laufen so Spaß machen kann. Die meisten Starter unser Gruppe sind schon im Ziel, einige wenige liegen noch hinter uns und werden von den Helfern des Roten Kreuzes auf ihren Segways im Blick behalten.

Erschöpfte syrische Flüchtlinge

Im Ziel warten bereits erschöpft die syrischen Flüchtlinge. „Ich weiß nicht, wer von uns am schnellsten war. Ich war ganz hinten“, sagt Soukieh und lacht. Auch den anderen der vielfältigen Teilnehmer sieht man die Freude über das Erreichte an. Doch als ob Petrus warnend den Finger hebt und uns darauf hinweist, dass er für uns eine Ausnahme mit dem Wetter gemacht hat, fegen kurz nach dem Zieleinlauf die nächsten heftigen Schneeschauer über uns hinweg. Wieder rennen Menschen den wenigen Unterständen entgegen, auf der Strecke warten schon die nächsten Läufer. Der „No Limits“-Lauf 2016 ist Geschichte. Vielen der Teilnehmer wird er aber ewig im Gedächtnis bleiben.

Von: Stephan Rinke (Main-Post)

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